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Internationales Gesellschaftsrecht

Das Internationale Gesellschaftsrecht regelt die rechtlichen Fragen, die entstehen, wenn Gesellschaften grenzüberschreitend tätig sind oder Elemente aus verschiedenen Rechtsordnungen betroffen sind, z. B. bei der Gründung, Sitzverlagerung oder der Haftung von Gesellschaften. Aufgrund der Globalisierung und des internationalen Handels hat das internationale Gesellschaftsrecht eine zunehmende Bedeutung für Unternehmen aller Größenordnungen.


1. Grundlagen des Internationalen Gesellschaftsrechts

a) Definition

Das Internationale Gesellschaftsrecht umfasst die Regelungen, die sich mit:

  • der Gründung,
  • dem Betrieb,
  • der Verlegung des Sitzes,
  • der Verschmelzung oder Umwandlung von Gesellschaften und
  • der Anwendung ausländischen Gesellschaftsrechts befassen.

Es betrifft sowohl das nationale Recht (z. B. in Deutschland geregelt im EGBGB und HGB) als auch supranationales Recht (EU-Recht) und internationale Abkommen.

b) Ziel

Das Ziel ist es, die Rechtsstellung von Gesellschaften mit grenzüberschreitenden Tätigkeiten zu klären und die Kollisionsregeln (Welches Recht gilt?) zu definieren.


2. Grundlegende Prinzipien des Internationalen Gesellschaftsrechts

a) Gründungstheorie

  • Nach der Gründungstheorie wird eine Gesellschaft nach dem Recht des Staates beurteilt, in dem sie gegründet wurde.
  • Diese Theorie wird in den meisten EU-Staaten (z. B. Großbritannien, Niederlande, Irland) und in den USA angewandt.
  • Vorteil: Flexibilität, da Unternehmen ihren Sitz in einem Land gründen und in einem anderen tätig sein können.
  • Beispiel: Eine englische Ltd. kann ihren Verwaltungssitz in Deutschland haben und dennoch englischem Recht unterliegen.

b) Sitztheorie

  • Nach der Sitztheorie richtet sich das Gesellschaftsrecht nach dem Staat, in dem die Gesellschaft ihren tatsächlichen Verwaltungssitz hat.
  • Diese Theorie wird in Deutschland, Österreich und anderen Ländern angewandt.
  • Vorteil: Verhinderung von Rechtsumgehungen durch "Briefkastenfirmen".
  • Nachteil: Geringere Flexibilität für Unternehmen.
  • Beispiel: Eine französische Gesellschaft, deren Verwaltungssitz nach Deutschland verlagert wird, unterliegt deutschem Gesellschaftsrecht.

c) Harmonisierung durch EU-Recht

  • Innerhalb der EU wurde durch Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) die Gründungstheorie gestärkt:
    • Urteil "Centros" (1999): Unternehmen dürfen sich in einem EU-Staat gründen und in einem anderen tätig sein.
    • Urteil "Inspire Art" (2003): Einschränkungen für "Briefkastenfirmen" wurden gelockert.


3. Gründung von Gesellschaften im internationalen Kontext

a) Nationales Recht

  • Gesellschaften müssen gemäß dem Recht des Staates gegründet werden, in dem sie ihren Sitz haben oder tätig werden wollen.
  • Beispiel: Eine GmbH muss nach deutschem GmbHG gegründet werden, während eine SARL (Frankreich) nach französischem Recht entsteht.

b) Europäische Gesellschaftsformen

  1. Societas Europaea (SE):
    • Mindestkapital: 120.000 €.
    • Geeignet für grenzüberschreitend tätige Unternehmen.
    • Vorteile: Möglichkeit der Sitzverlagerung innerhalb der EU.
  2. Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV):
    • Fokus auf Kooperation zwischen Unternehmen aus verschiedenen EU-Staaten.
  3. Europäische Genossenschaft (SCE):
    • Förderung der Zusammenarbeit von Genossenschaften auf europäischer Ebene.


4. Grenzüberschreitende Sitzverlegung

Die Verlagerung des Sitzes einer Gesellschaft über Landesgrenzen hinweg ist rechtlich komplex und je nach Sitz- und Zielstaat unterschiedlich geregelt.

a) Innerhalb der EU

  • Sitzverlagerungen innerhalb der EU sind durch die Rechtsprechung des EuGH vereinfacht worden.
  • Urteil "Cartesio" (2008): EU-Mitgliedstaaten dürfen Gesellschaften nicht daran hindern, ihren Verwaltungssitz in ein anderes EU-Land zu verlegen.
  • Grenzüberschreitende Verschmelzung (Richtlinie 2005/56/EG):
    • Erlaubt die Verschmelzung von Gesellschaften aus verschiedenen EU-Staaten.

b) Außerhalb der EU

  • Eine Sitzverlagerung zwischen EU- und Nicht-EU-Staaten ist abhängig von bilateralen Abkommen oder nationalen Regelungen.
  • Beispiel: Eine deutsche GmbH, die ihren Sitz in die Schweiz verlegt, muss sowohl deutsches als auch schweizerisches Recht beachten.


5. Kollisionsrecht und anwendbares Recht

a) Internationales Privatrecht (IPR)

  • Das IPR regelt, welches nationale Recht auf grenzüberschreitende Sachverhalte angewendet wird.
  • In Deutschland ist das EGBGB (Einführungsgesetz zum BGB) maßgeblich (§ 10 EGBGB: Statut einer Gesellschaft).

b) Europäische Rechtsangleichung

  • Durch EU-Richtlinien wurden zahlreiche Regelungen harmonisiert, z. B.:
    • Richtlinie über die Offenlegungspflichten von Gesellschaften.
    • Richtlinie über grenzüberschreitende Umwandlungen.


6. Grenzüberschreitende Haftungsfragen

  • Gesellschafter und Geschäftsführer können für Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften, wenn diese gegen nationale oder internationale Vorschriften verstoßen.
  • Beispiel: Eine deutsche Tochtergesellschaft einer US-amerikanischen Muttergesellschaft kann nach deutschem Recht für Umweltschäden in Deutschland haftbar gemacht werden.


7. Typische Problemstellungen im internationalen Gesellschaftsrecht

a) Doppelbesteuerung

  • Unternehmen, die in mehreren Ländern tätig sind, können durch Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) entlastet werden.

b) Briefkastenfirmen

  • Staaten mit Sitztheorie können Briefkastenfirmen vermeiden, indem sie die tatsächliche Geschäftstätigkeit prüfen.

c) Arbeitnehmermitbestimmung

  • Unterschiedliche Mitbestimmungsrechte innerhalb der EU können bei grenzüberschreitenden Fusionen oder Umwandlungen zu Konflikten führen.

d) Rechtsdurchsetzung

  • Internationale Konflikte erfordern oft die Klärung der Frage, welches Gericht zuständig ist und welches Recht anwendbar ist.


8. Gerichtliche und außergerichtliche Streitbeilegung

a) Gerichtliche Verfahren

  • Internationale Zuständigkeiten richten sich nach der Brüssel-Ia-Verordnung.
  • Beispiel: Klagen gegen eine Gesellschaft mit Sitz in einem anderen EU-Staat sind am Sitz der Gesellschaft einzureichen.

b) Schiedsgerichtsbarkeit

  • Schiedsverfahren bieten Vertraulichkeit und Flexibilität bei internationalen Streitigkeiten.


9. Leistungen im internationalen Gesellschaftsrecht

a) Beratung bei der Gründung

  • Auswahl der geeigneten Rechtsform in verschiedenen Ländern.
  • Erstellung und Prüfung von Satzungen und Gesellschaftsverträgen.

b) Grenzüberschreitende Strukturierung

  • Beratung zu Sitzverlegungen, Holdingstrukturen und Tochtergesellschaften.
  • Optimierung der steuerlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen.

c) Vertragsgestaltung

  • Gestaltung von Joint-Venture-Verträgen, Kooperationsvereinbarungen und Lizenzverträgen.

d) Streitbeilegung

  • Unterstützung bei der Durchsetzung oder Abwehr von Ansprüchen.
  • Vertretung in internationalen Schiedsverfahren.


Internationales Gesellschaftsrecht

Das internationale Gesellschaftsrecht ist geprägt von der Vielfalt nationaler Rechtsordnungen und den Bemühungen zur Harmonisierung auf supranationaler Ebene, insbesondere durch das EU-Recht. Unternehmen, die grenzüberschreitend tätig sind, müssen sowohl rechtliche als auch steuerliche und operative Rahmenbedingungen sorgfältig berücksichtigen. Eine fundierte Beratung und strategische Planung sind entscheidend, um rechtliche Risiken zu minimieren und internationale Geschäftsziele erfolgreich umzusetzen. Mit unserer Expertise im internationalen Gesellschaftsrecht begleiten wir Unternehmen bei jeder Herausforderung – von der Gründung bis zur globalen Expansion.

     

     

     

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